Schock für Backnang: Notfallpraxis schließt - Wer trägt die Schuld?

Notfallpraxen in Schorndorf und Backnang schließen aufgrund von Ärztemangel. Gesundheitspolitische Debatte entbrennt.
Notfallpraxen in Schorndorf und Backnang schließen aufgrund von Ärztemangel. Gesundheitspolitische Debatte entbrennt. (Symbolbild/MBW)

Schock für Backnang: Notfallpraxis schließt - Wer trägt die Schuld?

Schorndorf, Deutschland - Die Schließung der Notfallpraxis in Backnang sorgt für reges Aufsehen in der Region. Ende Juni wird die Einrichtung im Gesundheitszentrum an der Stuttgarter Straße schließen und damit die ohnehin angespannte gesundheitliche Versorgung im Rems-Murr-Kreis weiter verschärfen. Die Entscheidung fällt nicht vom Himmel, sondern ist das Resultat einer komplexen Diskussion über den Zustand der Gesundheitsversorgung, die insbesondere durch den Mangel an verfügbaren Ärzten für Bereitschaftsdienste diktiert wird. Doch wer trägt die Verantwortung für dieses Debakel? ZVW berichtet, dass in der Debatte mögliche Schuldige von der Politik über die Kassenärztliche Vereinigung bis hin zum Landkreis genannt werden.

Ein einheitliches Bild zeichnet sich nicht ab. Jens Steinat, der Ärztesprecher, rechtfertigt die Schließungen als notwendig, um eine leistungsfähige Notfallversorgung sicherzustellen. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg plant, den ärztlichen Bereitschaftsdienst auf den Standort Winnenden zu konzentrieren. Dort soll eine bestehende Praxis erweitert werden, doch dies wird dauern – etwa 1,5 Jahre. In der Zwischenzeit bleibt unklar, wo die Patienten bleiben sollen, denn aktuell sind im Rems-Murr-Kreis ganze 40 Hausarztsitze unbesetzt, was die Lage noch prekärer macht. BKZ hebt hervor, dass die Schließung der Backnanger Notfallpraxis zusammen mit der bereits geschlossenen Schorndorfer Praxis nur ein weiteres Mosaikstück in der ohnehin schwierigen Versorgungslage darstellt.

Vor dem Hintergrund der Pandemie sind viele Fragen zur Gesundheitsversorgung neu aufgekommen. Themen wie der Fachkräftemangel und der demografische Wandel haben zusätzliche Dimensionen erhalten. Herder weist auf die Herausforderungen hin, die das Gesundheitssystem in Deutschland stark belasten. So mangelt es an einer ausreichenden Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum, was die Schließungen von Notfallpraxen nur verstärkt.

Die Kritik an der Entscheidung zur Schließung ist vielfältig. Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich und Landrat Richard Sigel äußern ihre Bedenken, dass mit nur einer Notfallpraxis für rund 433.000 Menschen ein unzureichendes Angebot besteht. Friedrich verweist auf die Notfallpraxis als einen Kompromiss nach der Schließung der örtlichen Klinik, während Sigel mehr Daten fordert, um die Entscheidung nachvollziehbar zu machen. Klinik-Geschäftsführer André Mertel fürchtet sogar, dass die Schließungen zu einem Anstieg der Patientenzahlen in den Notaufnahmen führen werden.

Mit der geplanten Verdichtung der medizinischen Versorgung und dem Fokus auf Digitalisierung, etwa durch Telemedizin, gibt es zwar Bemühungen, die Situation zu verbessern. Doch es bleibt abzuwarten, ob diese Maßnahmen rechtzeitig den Druck von den bestehenden Notfallstrukturen nehmen können. Der Ball liegt nun in den Händen der Verantwortlichen – die Zeit drängt, denn die Menschen im Rems-Murr-Kreis brauchen eine verlässliche medizinische Versorgung.

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OrtSchorndorf, Deutschland
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