Glaubensvielfalt im Trend: Wie Do-it-yourself -Religionen unsere Seele formen

Glaubensvielfalt im Trend: Wie Do-it-yourself -Religionen unsere Seele formen
Esslingen, Deutschland - Die Religion hat in der heutigen Zeit oft einen schweren Stand. Insbesondere in einer aufgeklärten und säkularisierten Gesellschaft suchen viele Menschen nach neuen spirituellen Wegen und kombinieren unterschiedliche Glaubensansätze zu individuellen Glaubensmosaiken. Dies zeigt eine aktuelle Studie der Hochschule Esslingen, die unter der Leitung von Professor Kurt Möller durchgeführt wurde. Bei der Untersuchung wurden 80 Personen verschiedener Glaubensrichtungen befragt, und die Ergebnisse belegen, dass traditionelles, konservatives Glaubensleben eher die Ausnahme darstellt. So liegt es in der Natur der Dinge, dass sich die Menschen heutzutage nicht mehr lebenslang an eine bestimmte Religionsgemeinschaft binden.
In den letzten Jahrzehnten sind tiefgreifende Transformationsprozesse zu beobachten, die durch Individualisierung und Ausdifferenzierung geprägt sind. Viele Menschen fühlen sich nicht mehr exklusiv einer Religionsgemeinschaft zugehörig, sondern basteln sich ihren persönlichen Glauben zusammen. Bei der Betrachtung dieser modernen Glaubenshaltungen wird deutlich, wie sehr das Internet und die multikulturelle Gesellschaft die Spiritualität beeinflussen. Beispielhaft werden so genannte „Do-it-yourself“-Religionen immer beliebter, wobei Konzepte wie die „Manifestation“, die nebenbei auf sozialen Medien diskutiert werden, in den Vordergrund rücken.
Einblick in die Glaubenslandschaft
Im Rahmen der Forschung wurde auch das Buch „Holy Shit?! Gespräche über Gott und die Welt“ veröffentlicht, das Interviews mit Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugungen enthält. Professor Möller hat bei diesem Werk besonders darauf geachtet, ein vielstimmiges und respektvolles Bild moderner Glaubenshaltungen zu skizzieren, das jenseits herkömmlicher kirchlicher Dogmen liegt. Auf 300 Seiten wagt es das Buch, existenzielle Fragen zu thematisieren, etwa nach dem Sinn des Lebens und der Rolle der Religion in der heutigen Zeit. Möller fordert ein differenziertes Verständnis von Begriffen wie „Religion“, „Spiritualität“ und „Esoterik“ – besonders in einer Welt, in der immer mehr Menschen die Freiheit genießen, ihren eigenen Glauben zu gestalten.
Die Studie und das begleitende Buch warfen auch ein Licht auf persönliche Geschichten, die diese Entwicklung verdeutlichen. Ein junger Mönch hat im Kloster eine berufliche Erfüllung gefunden, während eine 31-Jährige von ihren Erfahrungen mit Zen-Meditation erzählt, die sie als eine Form der spirituellen Weiterentwicklung wertschätzt. Solche Berichte zeigen nicht nur die Vielfalt der Glaubenswege, sondern auch, wie wichtig es den Menschen ist, ihre individuellen Glaubenspraktiken nicht nur als Flucht aus dem Alltag, sondern auch als aktive Auseinandersetzung mit spirituellen Themen zu betrachten.
Die Suche nach Sinn
In einer Zeit, in der das Vertrauen in Institutionen schwindet und auch die großen Volkskirchen in Deutschland Mitglieder verlieren, hat sich das Bild der Religion stark gewandelt. So zeigt ein Bericht des Pew Forum on Religion and Public Life, dass von den 6,9 Milliarden Menschen weltweit 5,8 Milliarden einer Glaubensgemeinschaft angehören, was etwa 84 Prozent entspricht. Doch auch in Deutschland ist die Situation komplex: Die römisch-katholische Kirche hat seit 1990 über 3,5 Millionen Mitglieder verloren, und die Evangelische Kirche Deutschland sogar mehr als 5 Millionen. Prognosen deuten darauf hin, dass in den nächsten 20 Jahren nur noch 50 Prozent der Deutschen einer der beiden großen Kirchen angehören werden.
Die neue Rolle der Religion in der Gesellschaft zeigt sich vor allem darin, dass Menschen zunehmend selbst entscheiden, welche Glaubensüberzeugungen sie annehmen wollen. Fußball, zum Beispiel, wird von einigen als eine Art Außerkirchliche Religionspraxis betrachtet, die Gemeinschaft und Identität stiftet. Diese Entwicklungen laden dazu ein, die Fragen zu stellen, wo die Religion im Alltag Platz findet und welche Bedeutung sie für künftige Generationen haben wird.
Das und vieles mehr behandelt Professor Kurt Möller in seinem Buch, das nicht nur für Mitarbeitende in der Bildungsarbeit von Interesse ist, sondern auch für eine breitere Leserschaft, die sich für die moderne Glaubenslandschaft interessiert.
Das Buch „Holy Shit?!“ ist im Hirnkost Verlag erschienen und kostet 32 Euro. Für mehr Informationen und Kontaktmöglichkeiten kann man auf die Hochschule Esslingen zurückgreifen oder die Stuttgarter Nachrichten konsultieren. Zudem bietet die Bundeszentrale für politische Bildung spannende Einblicke in die Rolle der Religion in modernen Gesellschaften.
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Ort | Esslingen, Deutschland |
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