Ein Stück gegen das Schweigen: Ich sehe was, was du nicht siehst

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Aalen feiert die Uraufführung von "Ich sehe was, was du nicht siehst", ein Stück über sexualisierte Gewalt und deren gesellschaftliche Reaktionen.

Aalen feiert die Uraufführung von "Ich sehe was, was du nicht siehst", ein Stück über sexualisierte Gewalt und deren gesellschaftliche Reaktionen.
Aalen feiert die Uraufführung von "Ich sehe was, was du nicht siehst", ein Stück über sexualisierte Gewalt und deren gesellschaftliche Reaktionen.

Ein Stück gegen das Schweigen: Ich sehe was, was du nicht siehst

Ein neuer Ansatz zur Auseinandersetzung mit dem hochsensiblen Thema der sexualisierten Gewalt wird endlich auf die Bühne gebracht. Regie führt der engagierte Julius Max Ferstl, der sich seit geraumer Zeit mit diesem Werk beschäftigt. Das Stück mit dem Titel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ thematisiert nicht nur die Taten selbst, sondern vor allem die Reaktionen der Umwelt auf die Opfer. Ferstl hebt hervor, wie wichtig es ist, das Verständnis für die Rolle des Umfelds der Betroffenen zu fördern und sie in ihrem Prozess des Erinnerns zu unterstützen. Daher wurde das Stück auch so konzipiert, dass es Schulen nur in Kombination mit einem Nachgespräch buchen können, um einen offenen Dialog zu ermöglichen.

Das Werk stammt von Sergej Gößner, einem Schauspieler am Jungen Schauspielhaus Hamburg, und entstand in einem kreativen Austausch zwischen ihm und Ferstl, nachdem sie bei der Premiere von Gößners erstem Stück „Lauwarm“ zueinander fanden. Beide setzten sich während einer intensiven Recherchereise mit den Erfahrungen von Betroffenen, Geschlechterforschern, Soziologen und Therapeuten auseinander. Diese Befragungen flossen direkt in die dramaturgische Umsetzung unter der Leitung von Ella Elia Anschein ein. Neu im Ensemble sind Markus Petrenz und Trigal Sandberger Cañas, die den Zuschauern sicherlich einiges bieten werden.

Der Inhalt des Stücks

Die Handlung führt die Zuschauer in die Gedankenwelt eines jungen Mannes, der sich an einen sexuellen Übergriff erinnert, bei dem das Opfer in diesem Fall ein Mädchen war. Dieser Perspektivwechsel sorgt für Identifikationspotential und beleuchtet das oft tabuierte Thema der sexualisierten Gewalt gegenüber Jungen und Männern. Dabei wird klar, dass das Stück eine persönliche Sichtweise bietet, die aufzeigt, wie oft solche Themen relativiert werden und wie wichtig Sichtbarkeit für die Betroffenen ist. „Das Stück bietet leichtere und humorvolle Momente“, erzählt Ferstl und zielt darauf ab, den ernsten Hintergrund so zu verpacken, dass er für das Publikum greifbar wird.

Die Intendantin Tina Brüggemann hebt den Prozess des Erinnerns und die Schwierigkeit, traumatische Erlebnisse zu artikulieren, hervor. Ein wichtiger Aspekt ist, dass in der Gesellschaft ein gewisses Verständnis für sexualisierte Gewalt und deren vielschichtige Auswirkungen fehlt. Studien zeigen, dass etwa 0,4% der Studierenden, die sexualisierte Gewalt erfuhren, nicht von weiterer Belästigung berichteten, was die Problematik der Schweigespirale verdeutlicht. In vielen Fällen, insbesondere bei Medizinstudierenden und Pflegekräften, ist der Druck, den Vorfall zu melden, oft schier unerträglich.

Ein Blick auf die Forschung

Die Diskussion um sexualisierte Gewalt ist nicht neu und wird immer wieder durch Forschungsergebnisse untermauert. Verschiedene Studien, wie die von Cantalupo und Kidder, zeigen, dass in zahlreichen Fällen sexuelles Fehlverhalten vor allem von Lehrkräften ausgeht. Leider sind derartige Übergriffe an Hochschulen weit verbreitet und häufig von einem unterdrückenden Machtgefälle geprägt. Daher ist es auch von großer Bedeutung, dass Schulen und Bildungseinrichtungen eine klare Haltung zur Prävention entwickeln.

Der Diskurs rund um sexualisierte Gewalt ist dringend notwendig, um die Sensibilität dafür in der Gesellschaft zu schärfen. Der Ansatz von Ferstl und Gößner, das Thema sowohl in seiner Schwere als auch mit einem menschlichen Zugang zu behandeln, könnte einen wertvollen Beitrag leisten. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ist nicht nur ein Stück, sondern eine Einladung zum Denken und Fühlen, ein Appell, die Augen zu öffnen und das, was oft im Verborgenen bleibt, sichtbar zu machen. Eine Uraufführung, die nicht nur auf die Bühne gehört, sondern auch in die Herzen der Zuschauer.

Um mehr über die Wichtigkeit der Aufklärung über geschlechtsbezogene und sexualisierte Gewalt zu erfahren, empfehlen sich Studien zu den Betroffenheiten an verschiedenen Institutionen, die einen tiefen Einblick in die Problematik geben können Gesis berichtet.