50 Jahre Aalen-Wasseralfingen: Erinnerungen an den Zwangszusammenschluss

Der umstrittene Zusammenschluss von Wasseralfingen mit Aalen vor 50 Jahren: Erinnerungen, Widerstand und die heutige Perspektive.
Der umstrittene Zusammenschluss von Wasseralfingen mit Aalen vor 50 Jahren: Erinnerungen, Widerstand und die heutige Perspektive. (Symbolbild/MBW)

50 Jahre Aalen-Wasseralfingen: Erinnerungen an den Zwangszusammenschluss

Wasseralfingen, Deutschland - Am 27. Juni 2025 blicken viele auf eine bewegte Geschichte zurück: Vor 50 Jahren, genau im Jahr 1973, war Wasseralfingen gezwungen, seine Eigenständigkeit aufzugeben und sich mit aalen zusammenzuschließen. Was damals als „Zwangszusammenschluss“ im Gedächtnis bleibt, wird von vielen Wasseralfingern bis heute kritisch gesehen. Eckhard Scheiderer, der damals erst 13 Jahre alt war, erinnert sich an die hitzigen Debatten und den starken Widerstand in der Bevölkerung gegen diesen Schritt. „Es war eine kämpferische Stimmung. Viele wussten, dass dies nicht im Sinne der Mehrheit war“, erklärt er. Die Klage der Wasseralfinger Bürger gegen den Zusammenschluss wurde vom Staatsgerichtshof abgewiesen, obwohl über 80 Prozent der Stadtbürger dagegen waren, wie SWR berichtet.

Das angespanntes Verhältnis zwischen den beiden Städten kann auf eine lange Historie zurückblicken. Wasseralfingen, das seit 1951 den Status einer Stadt hatte, stand in einem ständigen Wettbewerb mit Aalen, der von konfessionellen Unterschieden und wirtschaftlicher Rivalität geprägt war. Die Wasseralfinger hatten nach einer wirtschaftlichen Blütezeit durch Eisenerzfunde und Hüttenwerke, und die Aalener betrachteten sie oft mit einer Mischung aus Neid und Missgunst. Eckhard Scheiderer merkt an, dass der Widerstand vor allem wirtschaftlicher Natur war. „Die Aalener wollten die Industriebetriebe von Wasseralfingen profitierten und sich gleichzeitig als die stärkere Stadt mit mehr Einfluss positionieren.“ Dieser Groll führt dazu, dass der Zusammenschluss in der Bevölkerung auch viele Jahre nach der Vollziehung noch als Vorwurf empfunden wird.

Politische Spannungen und Proteste

Der Zusammenschluss, der am 1. Juli 1975 gegen den Willen der Wasseralfinger durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts durchgesetzt wurde, führt zu weitreichenden politischen Spannungen, die bis heute nachwirken, wie Schwäbische Post berichtet. Während der Verhandlungen und Urteile fanden zahlreiche Protestaktionen von Bürgern statt. Diese Demonstrationen zeugen von der Entschlossenheit der Bevölkerung, für ihre Selbstständigkeit zu kämpfen. Erwin Hafner, der damalige Chefredakteur der Schwäbischen Post, erinnert sich: „Wir standen als Redaktion unter Druck, fiel es uns schwer, neutral zu berichten.“ Viele Leser kündigten ihre Abonnements, als die Redaktion für den Zusammenschluss plädierte. Trotz der Spannungen fanden nach einiger Zeit einige Leser zurück, auch weil sie die Informationen aus der Zeitung benötigten.

Zusätzlich zu den Protesten führte die Entscheidung zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen auch Handgreiflichkeiten nicht ausblieben. Hafner zog sich nach einem Vorfall zurück, in dem die Frau des Bürgermeisters seine Entlassung forderte. “In Wasseralfingen war ich schnell als unerwünschte Person abgestempelt”, so Hafner weiter. Anders sah es bei Richard Scheuber, Hafners Stellvertreter, aus, der aufgrund seiner Verwurzelung in der Region akzeptiert wurde.

Eine gespaltene Erinnerung

Heute, 50 Jahre nach dem Zusammenschluss, zeigt sich ein gespaltenes Bild in der Wahrnehmung der Bevölkerung. Scheiderer glaubt, dass der Unterschied zwischen älteren und jüngeren Bürgern die Wahrnehmung des Zusammenschlusses stark prägt. Während viele ältere Wasseralfinger nach wie vor frustriert sind, sehen jüngere Generationen oft auch Vorteile in der Integration: „Heute profitiert Wasseralfingen zum Beispiel durch den Besucherbergwerk Tiefer Stollen, der ein touristisches Aushängeschild darstellt“, argumentiert Scheiderer. Der Aalener Oberbürgermeister Ulrich Pfeifle wird zudem als wichtiger Faktor für die Integration und den Erhalt der Identität der verschiedenen Gemeinden genannt.

Zusammengefasst ist der Zusammenschluss von Wasseralfingen und Aalen nicht nur eine Begebenheit der Vergangenheit, sondern ein schwelender Konflikt, der das politische Klima und das Gemeinschaftsgefühl in der Region bis heute beeinflusst. Die heute 50 Jahre zurückliegende Entscheidung weckt noch viele Emotionen und bleibt eine lebhafte Debatte in der Kommunalpolitik Baden-Württembergs.

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OrtWasseralfingen, Deutschland
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