
Die Situation der Kinderärzte im Bodenseekreis ist angespannt. Claudia Reber und Patricia Rölle, Fachärztinnen für Kinderheilkunde und Sprecherinnen der Kinderärzte in der Region, berichten von den täglichen Herausforderungen, denen sich die Praxen gegenübersehen. Momentan versorgt Dr. Kieninger in seiner Praxis knapp 1.000 Patienten. Sollte er keinen Nachfolger finden, wird dies gravierende Auswirkungen auf die bereits angespannte Versorgungslage haben.
Die Praxen im Bodenseekreis sind an ihrer Kapazitätsgrenze. Täglich melden sich zahlreiche verzweifelte Eltern, die vergeblich nach einem Kinderarzt suchen. Das emotionale Abweisen von Patienten belastet die Kinderärztinnen und -ärzte enorm. Es wird deutlich, dass der Kinderärztemangel in dieser Region real ist; viele Praxen haben einen Aufnahmestopp verhängt.
Widersprüchliche Bedarfsplanung
Ein zentrales Problem ist die veraltete Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Diese bezeichnet die Region als überversorgt, obwohl viele der Praxen nicht in der Lage sind, neue Patienten aufzunehmen. Reber und Rölle fordern daher einen transparenten Prozess zur Neuberechnung des tatsächlichen Bedarfs. Ein Blick auf die Veränderungen in der pädiatrischen Tätigkeit seit den 1990er Jahren ist notwendig, um die Realität besser abzubilden.
Dieser Mangel an Kinderärzten ist jedoch nicht nur im Bodenseekreis spürbar. ZDF berichtet von einem bundesweiten Fachkräftemangel, insbesondere im ländlichen Raum. Viele Kinderarztpraxen sind überlastet und nehmen keine neuen Patienten auf, was während der Erkältungswelle zu massiven Schwierigkeiten führt.
Politische Forderungen und Maßnahmen
In verschiedenen Regionen, wie zum Beispiel im Nordschwarzwald, müssen Eltern oft Fahrstrecken von über einer Stunde auf sich nehmen, um einen Kinderarzt zu finden. Immer wieder versuchen betroffene Eltern mit Petitionen, der Landesregierung und der Kassenärztlichen Vereinigung auf das Problem aufmerksam zu machen. Maximilian Kumpf und Benjamin Weihing haben eine Online-Petition ins Leben gerufen, um fundierte Veränderungen zu bewirken.
Ein erhebliches Problem stellt der bevorstehende Ruhestand vieler Kinderärzte dar. Über ein Viertel der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland ist 60 Jahre oder älter. Der Mangel an Nachfolgern ergibt sich häufig, weil jüngere Ärzte das unternehmerische Risiko scheuen und nur schwer nachfolgen. Dies ist besonders in ländlichen Regionen ein großes Hindernis. PwC berichtet, dass es an ansprechenden Rahmenbedingungen mangelt, die für die Niederlassung attraktiv sind.
Ärzte und Eltern fordern daher mehr Studienplätze in der Medizin, erweiterte Weiterbildungsmöglichkeiten und weniger Bürokratie. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt diese Forderungen und betont die Notwendigkeit, die Bedingungen für Kinderärzte zu verbessern. Die Gegenwart fordert ein Umdenken, um zukünftige Herausforderungen zu meistern.