Skandal in Radolfzell: Ehrenbürgerwürde für Nazi-Bürgermeister bleibt!

Skandal in Radolfzell: Ehrenbürgerwürde für Nazi-Bürgermeister bleibt!
Radolfzell am Bodensee, Deutschland - Die Stadt Radolfzell steht vor einer fragwürdigen Entscheidung: Der Gemeinderat plant, die Ehrenbürgerwürde des ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters August Kratt zu bestätigen. In den letzten Jahren wurde Kratts NS-Vergangenheit genauer unter die Lupe genommen, nachdem Berichte darüber im Jahr 2023 veröffentlicht wurden. Trotz der enormen Kontroversen und berechtigter Bedenken, die aus diesen Enthüllungen resultierten, schlägt der Arbeitskreis Erinnerungskultur vor, die Ehrenbürgerwürde nicht abzuerkennen.
Die Details zu Kratts Leben sind alles andere als unproblematisch. Er wurde am 30. Oktober 1882 in Karlsruhe geboren und war von 1942 bis zum Kriegsende kommissarischer Bürgermeister von Radolfzell. Bereits ab 1933 war Kratt Mitglied der NSDAP und wird in der Forschung als aktiver Funktionär und Fördermitglied der SS betrachtet. Sein Engagement innerhalb des Nationalsozialismus ist eindeutig, wie auch seine Beziehung zur örtlichen Waffen-SS, die in der Vergangenheit eine tragende Rolle bei den Pogromen vom 9. November 1938 spielte und an der Deportation von Juden aus Baden beteiligt war.
Geschichtliche Hintergründe
In den letzten Jahren hat sich die Erinnerungskultur in Deutschland erheblich gewandelt. Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte, insbesondere hinsichtlich der Gräueltaten des Nationalsozialismus, ist für viele ein zentraler Punkt der Staatsräson geworden. Dies umfasst auch eine kritische Auseinandersetzung mit Figuren wie Kratt, deren Vermächtnis oft nur unzureichend hinterfragt wurde. Historisch gesehen war das nach dem Zweiten Weltkrieg nicht immer der Fall. Viele in der Nachkriegsgesellschaft wollten nichts von den Verbrechen wissen oder schoben die Verantwortung auf andere.
Die Entscheidung des Radolfzeller Gemeinderats, die Ehrenbürgerwürde beizubehalten, könnte als Rückschritt in diese Vergangenheit interpretiert werden. Ein von Dr. Carmen Scheide erstelltes Gutachten, das Kratts Rolle relativiert und auf positive Aspekte seiner Biografie eingeht, wird von vielen kritisiert. So wird unter anderem erwähnt, dass er Feldpostbriefe an Wehrmachtssoldaten unterzeichnete, die stark nationalsozialistisch gefärbt waren. Kritiker weisen darauf hin, dass solche Handlungen nicht als moralischer Widerstand gewertet werden können.
Behördliche Überlegungen und politische Reaktionen
Am 11. März 2025 wurde das besagte Gutachten in einer nichtöffentlichen Sitzung vorgestellt, und der Gemeinderat hat für den 24. Juni 2025 die Abstimmung zur möglichen Aberkennung der Ehrenbürgerwürde eingeplant. Interessant ist, dass die Freie Grüne Liste bereits einen Antrag zur Aberkennung gestellt hat und dabei die Unterstützung des jüdischen Museums Gailingen einfordert. Die Stadt Radolfzell sowie Dr. Carmen Scheide haben sich bisher nicht umfassend zu den Ergebnissen des Gutachtens geäußert, und Anfragen zu diesem Thema hatten hohe Gebühren und lange Wartezeiten zur Folge.
Die Schatten der Vergangenheit scheinen über Radolfzell zu hängen. Dieser Fall ist nicht nur ein lokales Thema, sondern berührt auch die breitere Diskussion darüber, wie Deutschland mit seiner Geschichte umgeht. Auch wenn es individuell und kommunal unterschiedliche Perspektiven gibt, bleibt die Frage bestehen: Wie verarbeiten wir eine Vergangenheit, die viele schmerzhafte Erinnerungen birgt? Während die Gesellschaft weiterhin auf die Herausforderungen dieser Erinnerungskultur stößt, bleibt abzuwarten, wie sich die Debatten um Kratt und die damit verbundenen moralischen Fragen entwickeln werden.
Bleiben wir also gespannt auf die bevorstehende Entscheidung des Gemeinderats und darauf, ob Radolfzell eine klare Linie in der Aufarbeitung seiner historischen Verpflichtungen finden wird.
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Ort | Radolfzell am Bodensee, Deutschland |
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