
Die Situation im Handwerk wird zunehmend besorgniserregend. Bürger sehen sich häufig gezwungen, Handwerker für Alltagsthemen wie Heizungsausfälle oder tropfende Wasserhähne zu rufen. Katja Maier, die Präsidentin der Handwerkskammer Ulm, warnt eindringlich, dass das Handwerk Gefahr läuft, zu einem Luxusgut zu werden. Diese Entwicklung ist alarmierend, denn insgesamt befinden sich im Kammerbezirk Ulm fast 4.000 Handwerksbetriebe in der Hand von Personen über 60 Jahren, was auf eine drohende Versorgungslücke hinweist.
In einem aktuellen Überblick beschreibt schwaebische.de die weitere Verschärfung der Lage. Nur etwa ein Viertel der Meisterabsolventen entscheidet sich für die Selbstständigkeit, was die ohnehin schon angespannte Versorgungslage weiter verschärfen könnte. Aktuell versorgt ein Handwerksbetrieb im Kammerbezirk Ulm durchschnittlich 74 Einwohner; diese Zahl könnte bis 2030 auf 87 erhöhen. Ein Grund für die nachlassenden Betriebsübernahmen sind die hohe bürokratische Belastung und die Schwierigkeiten bei der Personalsuche.
Die Herausforderung der Betriebsnachfolge
Die Handwerkskammer Ulm hat seit 2016 das Zentrum für Betriebsnachfolge (ZEN) ins Leben gerufen, um dem kritischen Thema der Nachfolgeregelung zu begegnen. Ziel ist es, Handwerksbetriebe aktiv bei diesem entscheidenden Prozess zu unterstützen. Die hwk-ulm.de gibt an, dass umfassende Informationsbroschüren zu rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten sowie zu emotionalen Herausforderungen erstellt wurden.
Der Wissensaustausch zwischen Betriebsübergebern und -übernehmern spielt eine Schlüsselrolle, um den Übergang reibungslos zu gestalten. Offene Kommunikation ist entscheidend, um klare Erwartungen und Anforderungen zu definieren. Die Nachfolge sollte frühzeitig geplant werden, da der Verkaufsprozess im Schnitt drei bis fünf Jahre in Anspruch nimmt. Jeder zweite zur Übergabe stehende Handwerksbetrieb findet einen Nachfolger, doch die Gründe für die niedrige Übernahmequote sind vielschichtig.
Fachkräftemangel und wirtschaftliche Herausforderungen
Laut aktualisierten Umfragen stehen Handwerksbetriebe vor bedeutenden Herausforderungen. Die hwk-muenchen.de hebt hervor, dass neben dem Fachkräftemangel auch die Bürokratie und die Steuerbelastung als große Hemmnisse für die Betriebe angesehen werden. Ein steigender Druck auf die Kostenstrukturen und die unbeständige Konjunktursituation setzen die Unternehmer unter Druck.
Die Umfrage zeigt, dass der Anteil der Betriebe, die mit wachsenden Umsätzen rechnen, von 18 % auf 16 % gesunken ist. Gleichzeitig erwarten 46 % der Betriebe einen Rückgang der Investitionen. Trotz dieser negativen Trends gibt es leichte Erleichterungen beim Fachkräftemangel, da sich nun 44 % der Betriebe in der Lage sehen, alle Stellen zu besetzen. 34 % der Betriebe planen, zusätzliches Personal einzustellen.
Die Handwerkskammer setzt verstärkt auf Zuwanderung und Integrationsmaßnahmen ausländischer Fachkräfte, beispielsweise mit einer Beschäftigungsbrücke nach Indien. Ende 2024 waren 20 indische Azubis gesucht worden, 11 haben inzwischen ihre Ausbildung begonnen. Solche Maßnahmen könnten entscheidend sein, um den drohenden Mangel an qualifiziertem Personal langfristig zu lindern.
Die Forderung nach einer mittelstandsfreundlichen Politik wird lauter, um die Wirtschaft stabil zu halten und den Herausforderungen des Handwerks angemessen zu begegnen. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden und ob sie in der Lage sind, die kritischen Fragen der Zukunft zu beantworten.