
Der Streit um die geplante Schließung von 18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg nimmt an Intensität zu. Mehr als ein Dutzend betroffene Städte haben eine gemeinsame Klage beim Sozialgericht in Stuttgart eingereicht. Diese Städte sind nicht grundsätzlich gegen die Schließung, wehren sich jedoch massiv gegen die fehlende Einbindung in die Planungen und die unzureichenden Informationen, die sie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) erhalten haben. Die KVBW plant, bis November 2024 schrittweise den Betrieb in den betroffenen Praxen einzustellen. Erste Schließungen sind bereits ab April 2024 in Bad Saulgau, Kirchheim unter Teck und Neuenbürg vorgesehen.
Zur geplanten Schließung äußern sich auch Kommunalpolitiker vehement. Oberbürgermeister Johannes Arnold und Bürgermeister Martin Löffler kritisieren den mangelnden Informationsfluss sowie die unzureichende Berücksichtigung der Städte in den Entscheidungsprozessen. Insgesamt sind die Schließungen für verschiedene Monate im Jahr 2024, namentlich Ende Juni, Ende Juli, Ende September und Ende Oktober, angedacht. Die KVBW beabsichtigt zudem, die verbleibenden Praxen hinsichtlich ihrer Kapazitäten zu stärken und die Öffnungszeiten zu verlängern.
Reaktionen und Bedenken
Die politischen Reaktionen sind deutlich. Die SPD warnt, dass die Schließungen zu einer Überlastung der umliegenden Notaufnahmen führen werden. Beispielsweise wurden in der Notaufnahme eines örtlichen Krankenhauses von November 2022 bis März 2023 an Wochenenden 1.072 Patienten behandelt; im Folgejahr stieg diese Zahl auf 1.361. Diese Entwicklung verdeutlicht die Befürchtungen von Bürgermeistern und Ärzteschaft, dass die Notaufnahmen aufgrund der Schließung der Praxen stark beansprucht werden.
Zusätzlich ist das Deutsche Rote Kreuz besorgt über einen Anstieg des Einsatzaufkommens im Rettungsdienst. Die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen stehen damit unter Druck. In diesem Kontext fordert Medi, ein Verband von 5.000 Ärzten, eine Neustrukturierung des Notfalldienstes, sieht diese jedoch als notwendig an. Die KVBW hat zur Begründung der Schließungen den Ärztemangel angeführt. Zudem plant sie, dass 95% der Patienten innerhalb von 30 Fahrminuten eine Notfallpraxis erreichen können, alle anderen innerhalb von maximal 45 Minuten.
Öffentliche Proteste
Die Schließungspläne haben Proteste ausgelöst. So versammelten sich mehrere Hundert Menschen zu einer Demonstration vor dem KVBW-Gebäude in Stuttgart, die von Ärzten, Landräten, Bürgermeistern und Landtagsabgeordneten unterstützt wurde. Diese Proteste spiegeln die breite Unzufriedenheit mit der Neustrukturierung wider. Der Oberbürgermeister von Backnang kritisierte zudem gebrochene Versprechen hinsichtlich der Notfallpraxis in seiner Stadt.
Die KVBW hat in diesem Kontext bereits acht Praxen im Laufe des Jahres dauerhaft geschlossen. Angesichts dieser Entwicklungen zeigt sich Gesundheitsminister Manfred Lucha jedoch unterstützend gegenüber der Neustrukturierung der Bereitschaftsdienste und der geplanten Maßnahmen. Dennoch bleibt zu beobachten, wie sich das geplante Vorhaben auf die gesundheitliche Versorgung in der Region auswirken wird, und ob die Bedenken der Kommunen und der Bevölkerung ernsthaft in die Planungen miteinbezogen werden.