
Die soziale Wohnraumversorgung in Deutschland steht aktuell vor einer ernsten Herausforderung. Laut einer Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE im Auftrag des Bündnisses „Soziales Wohnen“ hat sich der Bestand an Sozialwohnungen in den letzten zehn Jahren drastisch verringert. Der Verlust von nahezu jeder vierten Sozialwohnung ist ein alarmierendes Signal, das dringend adressiert werden muss. Aktuell sind unter 1,1 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland verfügbar, mit einer stetig fallenden Tendenz. Die Studie zeigt zudem, dass mindestens doppelt so viele Sozialwohnungen benötigt werden, um den aktuellen Bedarf zu decken. Dies berichtet MRN News.
Die Ergebnisse dieser umfassenden Analyse wurden am 5. Februar 2025 in Berlin auf einer Online-Pressekonferenz präsentiert. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Deutschen Mieterbund (DMB), Caritas, IG BAU sowie verschiedenen Bundesverbänden der Mauerstein-Industrie und des Baustofffachhandels. Ein zentrales Ziel der Studie ist es, eine klare Messlatte für die Wohnungsbaupolitik der neuen Bundesregierung zu setzen.
Bedarf und Herausforderungen im sozialen Wohnungsbau
Die Studie beleuchtet mehrere wichtige Aspekte der aktuellen Wohnungsmarktsituation. Dazu gehört das gegenwärtige Wohnungsdefizit und der zukünftige Bedarf aufgrund von Zuwanderung. Insbesondere die Finanzierungsbedarfe des Staates für den sozialen Wohnungsbau bis 2030 sind ein zentraler Punkt. Auch die Anforderungen an Sozialwohnungen im Jahr 2025 werden thematisiert, sowie die strukturellen Defizite in der Förderpolitik. Ein weiterer kritischer Faktor sind die mangelhaften Neubauziele für bezahlbare Wohnungen und Wohneigentum, die sich vor allem an Durchschnittsverdiener richten müssen. Die Analyse der Pläne der im Bundestag vertretenen Parteien zum sozialen und bezahlbaren Wohnen wird ebenfalls erwartet.
Eine parallel veröffentlichte Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass der soziale Wohnungsbau eine Renaissance erlebt, bedingt durch steigende Mieten und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Politisch wird ein jährliches Ziel von 100.000 neu zu schaffenden Sozialwohnungen formuliert, jedoch fehlt es an empirischer Begründung für diese Zahl. Experten erwarten, dass im Durchschnitt jährlich 40.000 Wohnungen aus der Bindung fallen werden, was die Situation weiter kompliziert. Auch die regional differenzierte Analyse des konkreten Bedarfs an neuen Sozialwohnungen ist bislang eine Herausforderung, da diese nicht einheitlich quantifiziert werden kann, wie IW Köln anmerkt.
Rückgang der Sozialmietwohnungen
Der Rückgang an gebundenen Mietwohnungen zeigt sich dramatisch. Seit 1990 ist der Bestand kontinuierlich gesunken – von 2,87 Millionen Wohnungen im Jahr 1990 auf nur noch 1,07 Millionen im Jahr 2022. Diese Entwicklung hat sich besonders seit der Reform 2002 beschleunigt, wo jährlich mehr als 74.000 Sozialwohnungen verloren gingen. Um den Bestand an Sozialmietwohnungen zu halten, müssten von 2023 bis 2035 rund 519.000 neue Bindungen entstehen, was einem jährlichen Bedarf von 41.200 neuen Wohnungen entspricht.
Die Überbelegung von Wohnungen stellt ein weiteres gravierendes Problem dar. 2019 lebten 6,4 Millionen Menschen in überbelegten Wohnungen, was einer Überbelegungsquote von 7,8 % entspricht. In städtischen Räumen liegt diese Quote sogar bei 12,7 %. Armutsgefährdete Haushalte leiden besonders unter hohen Wohnkosten. Laut Bundeszentrale für politische Bildung gaben fast 50 % der armutsgefährdeten Personen im Jahr 2019 mehr als 40 % ihres Einkommens für Wohnkosten aus.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die sozialen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland nicht nur akut, sondern auch langfristig angelegt sind. Die grundlegenden Probleme der Verfügbarkeit, des Zugangs und der Bezahlbarkeit von Wohnraum müssen dringend angegangen werden, um die Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu sichern.