
In Biberach wird die Erreichbarkeit von Hausarztpraxen zunehmend zum Problem, insbesondere für ältere Menschen. Irmtraud Müller berichtet von Schwierigkeiten, ihren Hausarzt zu kontaktieren. Dieter Eckhardt, Vorsitzender des Stadtseniorenrats, bestätigt, dass die Thematik nicht nur Senioren betrifft, sondern auch jüngere Menschen zunehmend Schwierigkeiten haben. Die Hauptkommunikationsmethoden unterscheiden sich deutlich zwischen den Generationen: Ältere nutzen überwiegend das Telefon, während Jüngere oft auf digitale Kommunikationsmittel zurückgreifen.
Die Problematik wird von Dr. Christopher Maier, Hausarzt in Hochdorf und Vorsitzender der Kreisärzteschaft Biberach, unterstrichen, der eine Verschärfung der Situation in den kommenden Jahren erwartet. Hintergrund sind der Rückgang der Hausärzte, da viele in den Ruhestand gehen und zu wenige junge Mediziner nachkommen. Dies führt dazu, dass die vorhandenen Kapazitäten der Hausarztpraxen im Landkreis weitgehend erschöpft sind.
Überlastete Praxen und mangelndes Personal
Die Überlastung der Praxen wird zusätzlich durch den Mangel an Kinderärzten verstärkt, wodurch viele Kinder in Hausarztpraxen behandelt werden müssen. Auch die Nachsorge von Patienten, die frühzeitig aus Kliniken entlassen werden, bindet wertvolle Kapazitäten. Die Erreichbarkeit wird weiter erschwert durch den Mangel an Fachpersonal an den Rezeptionen der Praxen.
Ärzte empfehlen den Patienten, die Dringlichkeit ihrer Anliegen zu überdenken. Besonders ungünstig ist der Montagmorgen für Anrufe, da zu dieser Zeit die Anzahl der Anrufe in den Praxen besonders hoch ist. Hausarztpraxen sind verpflichtet, zu bestimmten Zeiten erreichbar zu sein. Dies sind montags, dienstags und donnerstags von 8 bis 18 Uhr, mittwochs von 8 bis 13 Uhr und freitags von 8 bis 16 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist die Notfallnummer 116117 verfügbar.
Um den Herausforderungen zu begegnen, hat Dr. Maier in seiner Praxis ein Callcenter implementiert, das täglich bis zu 400 Anrufe erhält. Angesichts der hohen Nachfrage hat er ein intelligentes Anrufbeantwortersystem mit dem Namen „Paula“ eingeführt, das Anrufe priorisiert. Zudem wird die Einführung einer Online-Rezeption getestet, die es Patienten ermöglicht, Anliegen über einen Chat zu kommunizieren.
Digitale Gesundheitsangebote im Alter
Der Wandel hin zu digitalen Gesundheitsangeboten gewinnt auch unter älteren Menschen zunehmend an Bedeutung. Eine YouGov-Umfrage von Doctolib zeigt, dass 26% der Befragten ab 65 Jahren bereits Arzttermine über Online-Portale gebucht haben. 84% fühlen sich sicher im Umgang mit Smartphones oder Tablets, und 73% nutzen Apps ohne größere Probleme. Dennoch zeigen 89% der Befragten eine positive Bewertung ihrer Erfahrungen mit digital gebuchten Arztterminen.
Die Umfrage verdeutlicht auch, dass 92% der älteren Menschen eine digitale Transformation für wichtig halten, die niemanden zurücklässt. Jedoch gibt es erhebliche Bedenken: Nur 12,7% glauben, dass es ausreichend Förder- und Weiterbildungsangebote für den Zugang zur digitalen Welt gibt. 26% fordern eine bessere Akzeptanz und Online-Terminbuchungen von Ärzten.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) betont die Notwendigkeit, ältere Menschen nicht nur an digitale Anwendungen heranzuführen, sondern ihnen auch das Vertrauen in diese Nutzung zu vermitteln. Im Rahmen der Fachtagung „Gesundheit auf E-Rezept? Digitalisierung verstehen und Kompetenzen stärken“ wird die essenzielle Bedeutung der digitalen Kompetenzen für Senioren aufgezeigt.
Einige etablierte Initiativen unterstützen dieses Ziel. Der DigitalPakt Alter wurde ins Leben gerufen, um Erfahrungsorte für ältere Menschen zu schaffen, an denen sie im persönlichen Kontakt digitale Kompetenzen erlernen können. Bis Ende 2025 sollen 300 solcher Orte gefördert werden, um die medizinische Versorgung und Lebensqualität älterer Menschen nachhaltig zu verbessern.
Zusammenfassend steht die Gesundheitsversorgung älterer Menschen vor steigenden Herausforderungen. Auch wenn im digitalen Bereich Fortschritte zu beobachten sind, bleibt die Erreichbarkeit und Kontaktaufnahme zu Hausarztpraxen ein drängendes Thema, das sowohl durch den demografischen Wandel als auch durch technologische Entwicklungen geprägt ist. Für viele Senioren ist es wichtig, sowohl digitale als auch traditionelle Wege zu nutzen, um eine angemessene medizinische Versorgung sicherzustellen.